Sonntag, 30. November 2014

Jack Frost

Die Tür war zu, wie's Türen sind
als du zu Bett gingst letzte Nacht,
doch Jack Frost kam herein, mein Kind,
hat's Fenster silberweiß gemacht.

Erst als du schliefst begann zu malen
auf's Fensterglas er heimlich leis,
hat nicht ein einzig Wort gesprochen,
nun sind die Scheiben traumhaft weiß.

Jetzt kannst du kein Berge sehn,
den Blick in Wolken nicht verlieren,
siehst keine Bäume, Straßen, Seen,
doch Wunder, die dein Fenster zieren:

Manch Türme, Schlösser, groß und schön,
und Hügel, Täler, Flüsse, Felder,
manch Ritter – stattlich anzusehn
der reitet stark und stolz durch Wälder.

Ganz kleine Boote und daneben
dort auf dem Meer ein großes Schiff,
so manche Insel und auch Palmen,
und Fische im Korallenriff.

Mit leichten und ganz zarten Flügeln
die kleinen hübschen Schmetterlinge,
und Kühe zwischen weißen Hügeln,
auch Früchte, Blumen und solch Dinge.

Jack Frost kroch unter deiner Tür
ganz heimlich rein um Mitternacht,
teilt' jeden Atemzug mit dir
und weiß woran du hast gedacht.

Auf's Fenster malt' er jeden Traum
den du geträumt in dieser Nacht,
sie sind so schön, du glaubst es kaum
als du des Morgens aufgewacht.

Mit weißen zarten frostig Linien
hat er dein Fenster still verziert,
siehst all die schönen Wunderdinge,
die dich im Traum so tief berührt.

(Ilka Berikhan)
Oktober 2014
(freie Übersetzung von Ilka Berikhan
des englischsprachigen Gedichtes 'Jack Frost' von Gabriel Setoun)

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